von Stefan Labesius
Bei der Verletzung unentgeltlich lizenzierter Schutzrechte, wie z. B. urheberrechtliche Verwertungsrechte von Open Source Software, war bisher umstritten,ob überhaupt ein erstattungsfähiger Schaden entstehen und – wenn, ja– wie sich ein solcher Schaden berechnet werden kann. Während das OLG Hamm im Jahr 2017 einen Schadensersatz aufgrund einer Lizenzanalogie verneinte (vgl. dazu NdW v. 7.8.2017) hatte dies die Vorinstanz noch bejaht (vgl. NdW v. 31.5.2016).
Aus Anlass einer Markenverletzung hat der BGH nun entschieden, dass ein Schaden jedenfalls dann nicht nach den Grundsätzen der Lizenzanalogie berechnet werden kann wenn in ständiger Lizenzierungspraxis ausschließlich unentgeltliche Lizenzen an der verletzten Marke erteilt werden (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2021 – I ZR 201/20 – ÖKO-TEST III). Maßgebliche Erwägung des BGH ist dabei, dass der Verletzer nicht schlechter gestellt werden dürfe als ein rechtmäßiger Lizenznehmer. Sofern der Rechtsinhaber nämlich durchweg eine unter der angemessenen und üblichen Lizenzgebühr liegende Vergütung verlangt oder die Nutzung sogar ausnahmslos unentgeltlich gestattet, könne nicht davon ausgegangen werden, dass vernünftige Vertragsparteien ein von der Lizenzierungspraxis des Rechtsinhabers abweichendes Entgelt vereinbart hätten. Eine Schadensberechnung anhand einer Lizenzanalogie kann allerdings dann in Betracht kommen, wenn – z.B. im Falle einer Open Source Software – ein Dual-Licencing-Modell betrieben wird. d.h. die Software in bestimmten Fällen auch entgeltlich vertrieben wird. In diesen Fällen hat sich der Rechtsinhaber den wirtschaftlichen Wert des Schutzrechts durch die Erteilung entgeltlicher Lizenzen tatsächlich zunutze gemacht.
Ausdrücklich bejaht hat der BGH indes eine Schadensberechnung nach den Grundsätzen der Herausgabe des Verletzergewinns auch dann, wenn das Schutzrecht selbst nicht kommerziell vermarktet wird. Übertragen auf Urheberverletzungen aufgrund open-source-lizenzwidriger Nutzung bedeutet dies, dass der Verletzer den von ihm aufgrund der Verletzung erzielten Gewinns an den Rechtsinhaber herauszugeben hat.
Ansprüche auf Schadensersatz wegen einer Verletzung unentgeltlich lizenzierter Schutzrechte werden daher in der Praxis zukünftig v.a. nur dann in Betracht kommen, wenn entweder der Verletzer Gewinne generiert hat, die abgeschöpft werden können. Oder es besteht eine parallele entgeltliche Lizenzierung des verletzten Schutzrechts, die auf Verwertung dessen wirtschafltichen Werts schließen lässt.